Frankfurt am Main/Ninh Thuan (12. Juni 2012) – Wie die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) berichtet, wurde der evangelische Christ Phan Ngoc Tuan am 6. Juni 2012 vom Volksgericht der zentralvietnamesischen Provinz Ninh Thuan zu fünf Jahren Haft und drei Jahren Hausarrest verurteilt.

Die Verhandlung fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne Rechtsbeistand statt, die Anklage lautete auf „Propaganda gegen den sozialistischen Staat“.

Die sehr weit gefassten Sicherheitsvorschriften wurden in Vietnam im ersten Halbjahr 2012 dazu benutzt, mehrere Christen hinter Gitter zu bringen, die nur friedlich von ihren Menschenrechten Gebrauch gemacht hatten.

Die IGFM fordert Vietnam dazu auf, das Recht auf Meinungs- und Religionsfreiheit zu respektieren und Phan Ngoc Tuan sofort und bedingungslos freizulassen.

Laut Anklageschrift sei der 1959 geborene Herr Phan Ngoc Tuan am 10.8.2011 in Ho Chi Minh Stadt verhaftet worden, weil er zwischen April 2010 und August 2011 Flugblätter verteilt, Transparente vor seinem Haus aufgehängt, Video Clips ins Internet gestellt und Petitionen geschrieben habe. Seine Flugblätter, versehen mit seinem Namen und seiner Adresse, habe er in den beiden Metropolen Hanoi und Saigon verteilt. Seine Petitionen habe er an die vietnamesischen Behörden, ausländischen Botschaften in Vietnam und den UN-Menschenrechtsrat geschickt. Er habe der Regierung vorgeworfen, Religionsgemeinschaften unterdrückt, Kinder von Angehörigen der früheren südvietnamesischen Regierung diskriminiert und Arbeiterrechte verletzt zu haben. Die IGFM sieht diese Aktivitäten durch das Recht auf Meinungsfreiheit im Internationalen Pakt über Politische und Bürgerliche Rechte geschützt. Vietnam ist ebenso wie Deutschland ein Mitgliedsstaat dieses völkerrechtlich bindenden Vertrages.

Nach Kenntnis der IGFM hat Herr Tuan dem Gericht seine Missachtung gezeigt, indem er dessen Fragen nicht beantwortete. Das Gericht verurteile ihn deshalb zu fünf Jahren Haft, obwohl die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe zwischen drei und dreieinhalb Jahren gefordert hatte.

Wie die IGFM erläutert, ist Phan Ngoc Tuan Mitglied der vom Staat nicht anerkannten lutherischen Hauskirche. Pastor Nguyen Cong Chinh, der ebenfalls dieser Kirche angehört, wurde im März 2012 wegen „Spaltung der Solidaritätspolitik“ zu elf Jahren Haft verurteilt. Chinh arbeitete mit Christen, die ethnischen Minderheiten angehörten und gründete einen Dachverband für deren Hauskirchen. Ende Mai wurden die harten Strafen gegen Pastor Nguyen Trung Ton (zwei Jahre Haft plus zwei Jahre Hausarrest) und Frau Ho Thi Bich Khuong (fünf Jahre Haft plus drei Jahre Hausarrest) von der „Full Gospel Church“ von einem Berufungsgericht bestätigt. Beide Christen wurden wegen „Propaganda“ angeklagt, weil sie sich für Christen und in der Demokratie-Bewegung engagiert hatten.

Ende Mai erhielten die vier jungen Katholiken Dau Van Duong, Tran Huu Duc, Chu Manh Son und Hoang Trung wegen „Propaganda gegen den sozialistischen Staat“ eine Gesamtstrafe von 141 Monaten Haft und 78 Monaten Hausarrest, weil sie Flugblätter für Menschenrechte und Demokratie verteilt hatten. Angeblich soll sie der katholische Pfarrer Nguyen Van Ly dazu angeregt haben, in der Zeit, als er seine Haftstrafe im Jahr 2011 wegen Krankheit vorübergehend aussetzen durfte. Pfarrer Ly war 2007 wegen „Propaganda“ zu acht Jahren Haft und fünf Jahren Hausarrest verurteilt worden. In der Haft erlitt er bereits mehrere Schlaganfälle.

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