Vor  vielen Jahren  vielen, vielen Jahren sprach ich mal mit einem älteren Juden, der nach Deutschland zurückgekommen war; in ein Deutschland, dessen Heil Hitler! rufende Söhne seinen Opa und seine Oma, seinen Vater und seine Mutter, seine zwei Brüder und seine Schwester in ein Todeslager deportiert und ermordet hatten… mir war unbegreiflich, wie dieser Jude wieder in dieses Land zurückkommen und hier leben konnte. Er hatte vergeben.

Gnade und Barmherzigkeit auch dort, wo es sie irdisch-weltlich nicht mehr gibt

Larry Nassar wird nie wieder ein freier Mann sein. Er wird, zu lebenslanger Haft verurteilt, dafür büßen, daß er als Arzt, der mit dem Olympischen Gymnastik Team der USA arbeitete, die jungen Mädchen sexuell mißbrauchte („The fallout from Larry Nassar’s sexual abuse is just beginning“ vom 1. Februar 2018; aufgerufen am 24. Februar 2018).

Rachel Denhollander trat als erstes Opfer bei der Anhörung zum Fall Nassar auf. Sie sagte zu ihrem Peiniger: „I pray you experience the soul crushing weight of guilt so that you may someday experience true repentance and true forgiveness from God which you need far more than forgiveness from me, though I extend that to you as well.“ (Ich bete, dass Sie die Seelen-erschütternde und niederdrückende Schuld erfassen, damit Sie eines Tages wahre Buße tun und wahre Vergebung von Gott erfahren, die Sie weit mehr als meine Vergebung, die ich Ihnen gebe, benötigen).

Und Rachel Denhollander fuhr fort: „Should you ever reach the point of truly facing what you have done, the guilt will be crushing. And that is what makes the Gospel of Christ so sweet. Because it extends grace and hope and mercy where none should be found and it will be there for you.“ (Wenn Sie jemals an den Punkt gelangen, wirklich zu erfassen, was Sie angerichtet haben, dann wird die Schuld vernichtend sein. Aber das macht das Evangelium Christi so süß. Weil es Gnade und Hoffnung und Barmherzigkeit auch dort anbietet, wo sie eigentlich nicht mehr gefunden werden und für Sie da sind.)

Jemandem zu vergeben, bedeutet nicht, gut zu heißen, was derjenige getan hat

Machen Sie sich klar, daß Vergebung nicht Gutheißen bedeutet. Gott hat Ihnen jede Ihrer Sünden vergeben. Er hat damit nicht eine einzige Ihrer Sünden gut geheißen, aber er hat sie Ihnen vergeben. „Wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!” (Kolosser Kapitel 3, Vers 13) Und wenn Sie jemandem vergeben, heißen Sie damit ja nicht gut, was derjenige Ihnen angetan hat. Ja, Sie nehmen auch nicht dessen Schuld von ihm, wenn Sie ihm vergeben. Dessen Schuld muß derjenige mit Gott klären. Wenn er zu Jesus findet, wird Jesus seine Schuld tragen; findet er nicht zu Jesus, wird er selber die Strafe für seine Sünden tragen.

Was bietet Ihnen Gott an? Dies: Freiheit, Heilung, Frieden, Verbundenheit mit ihm

Sehen Sie es so: Ob Ihr Leben ruiniert ist oder nicht, Jesus schenkt Ihnen ein völlig neues Leben. Voller Freiheit, Heilung, Frieden, Verbundenheit mit ihm und vollständige Versöhnung mit Gott. “Seid nachsichtig mit den Fehlern der anderen und vergebt denen die euch gekränkt haben. Vergesst nicht, dass der Herr euch vergeben hat und dass ihr deshalb auch anderen vergeben müsst.” (Kolosser Kapitel 3, Vers 13; Neues Leben Bibelübersetzung (Holzgerlingen, 2002) — Nicht sollt, nicht ‚es wäre schön, wenn ihr vielleicht vergebt‘, nein, „anderen vergeben müsst“.

  • Warum fordert Gott das von uns? Weil es uns dann besser geht.
  • Warum fordert Gott das von uns? Weil er weiß, daß wir das auch können

Wenn Sie jemandem vergeben, dann profitiert ein Mensch im Universum davon. Und das sind Sie. Denn Sie machen sich frei von der Bitterkeit, die immer mit Nichtvergeben verbunden ist. Aber Gott möchte, daß Sie frei von jeglicher Bitterkeit sind. Gott möchte, daß es Ihnen gut geht.

Sagen (!) Sie: Mein Jesus, es tut so weh. Hilf du mir, daß ich vergebe. Gib du mir deine Kraft, damit ich allen vergeben kann, die mich verletzt haben. Ich danke dir, mein Jesus (natürlich gerne in Ihren Worten).

Ich bin kein Freund von Ich-verliebtem, religiös verbrämten Getue. Wenn Sie mich fragen, sagen Sie demjenigen, dem Sie vergeben, das nicht (Sie könnten nur allzu leicht dem selbstverliebten Stolz erliegen). Ihre Vergebung machen Sie zwischen sich und Gott aus. Das langt. Natürlich, falls Sie gefragt werden, sagen Sie, daß Sie vergeben haben.

Sie vergeben nicht, damit Sie Gott einen Gefallen tun. Sie vergeben, damit Sie frei werden von der Bitterkeit, welche das Nichtgeben in Ihnen erzeugt

Menschen können anderen Menschen Schreckliches antun. Und ja, das tut weh und nagt an einem. Und ja, es ist nicht einfach, zu vergeben, aber Sie „müssen“. Sie müssen nicht, damit Sie Gott einen Gefallen tun, sondern Sie „müssen“, damit es Ihnen besser geht.

Aber es geht mir nicht besser.
Na, das hab ich auch oft in meinen schlimmsten traumatischen Schmerzen zu Gott gesagt. Was Gott mir antwortete, sagt er auch zu Ihnen: „Denkt nicht mehr an das, was früher war, auf das, was vergangen ist, sollt ihr nicht achten. Seht her, nun mache ich etwas Neues. Schon kommt es zum Vorschein, merkt ihr es nicht?“ (Gott in Jesaja Kapitel 43, Verse 18-19)

Und? Merken Sie es schon?
Ne.
Ich weiß, habe ich auch oft zu Gott gesagt. Aber haben Sie Geduld. Schon bald kommt der wohltuende innere Friede und die herrliche Freude an Gott mehr und mehr in Leben. Aller Schmerz ist vergessen. Alle Tränen getrocknet (na ja, manchmal weint man doch noch mal; aber nicht mehr so dolle).

Bitten Sie Gott und Jesus um Hilfe, damit Sie dem Menschen, der Sie verletzt hat, vergeben können. Und dann lassen Sie los. Und jedesmal, wenn der Teufel, der alte Lügner, Ihnen mit schmerzhaften Erinnerungen kommt, reagieren Sie mit der Feststellung: Ich danke dir, Jesus, daß du mir die Kraft gegegeben hast, vollständig zu vergeben.

Und vergessen Sie nicht: Bei der Vergebung geht es nicht um das, was Sie fühlen (Gefühle kann der Teufel manipulieren). Es geht um Ihren Glauben; Sie glauben, daß Sie mit Hilfe von Gott und Jesus dem Menschen, der Sie verletzt hat, alles und vollständig und für alle Zeit vergeben können (so wie Gott Ihnen all Ihre Sünden vollständig und für alle Zeit vergeben hat).

Ja, so ein bißchen merke ich es.
Sehen Sie. Haben Sie Geduld mit sich. Bereden Sie alles mit Gott. Bringen Sie Ihre Schmerzen und Ihre Schrammen zu Gott. Hier, sagen Sie, mir ist das zu viel. Kümmere du dich darum. Ja klar, sagt Gott. Und Gott macht.

„Wenn also jemand in Christus ist, so ist er eine neue Schöpfung (oder: neu geschaffen): das Alte ist vergangen, siehe, ein Neues ist entstanden!“ (2. Korinther 5:17; Menge Bibel) Die Schrammen und Wunden sind noch im Körper und in der Seele (Gefühle, Erinnerungen, Bewußtsein, Denken); aber in unserem wahren Ich, unserem nach Gottes Ebenbild erschaffenen Geist (Genesis 1:26; Genesis 2:7) sind wir bereits eine neue Schöpfung. Und mit dem Glauben sagen wir im Geist stehend unserer Seele und unserem Körper, wo es langgeht. Nicht umgekehrt. Der Glaube verändert; Gefühle nicht.