Luxor / Frankfurt am Main (16. Juni 2014) – Eine christliche Grundschullehrerin ist am gestrigen Sonntag in letzter Instanz wegen angeblicher „Beleidigung des Islam“ zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden. Vor einem Jahr war die Lehrerin zu einer beispiellos hohen Geldstrafe von 100.000 Ägyptischen Pfund (rund 10.000 Euro) verurteilt worden. Nach Angaben der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) hatte daraufhin nicht nur die koptische Grundschullehrerin Demiana Ebeid Abdelnour Berufung eingelegt, sondern auch der Staatsanwalt, weil er forderte, die Beleidigung des Islam müsse mit Gefängnis bestraft werden.

Die bei ihrer Verhaftung 23-jährige Lehrerin war von drei zehnjährigen Schülern der Sheikh Sultan Grundschule in Luxor beschuldigt worden, in ihrem Unterricht über die Geschichte der Weltreligionen den Islam und den Propheten Mohammed beleidigt zu haben.

Die Eltern der drei Schüler warfen ihr vor, jedes Mal, wenn sie den Namen des islamischen Propheten Mohammed erwähnte, ihre Hand auf ihren Magen oder ihren Hals zu legen. Die Grundschullehrerin wurde nach Angaben der IGFM umgehend vom Unterricht suspendiert und musste sich zunächst vor drei Untersuchungsausschüssen verantworten, die sie jeweils freisprachen. Im folgenden Gerichtsverfahren wurden die Entlastungszeugen der Lehrerin nicht angehört.

Ägyptische Menschenrechtler wiesen darauf hin, dass die Lehrerin lediglich den im Lehrplan festgelegten Inhalt vermittelt habe.

Anstieg der Blasphemie-Vorwürfe

Die IGFM betonte, dass die Zahl der Anklagen und Prozesse wegen angeblicher Gotteslästerung sprunghaft gestiegen sei. Unter dem ehemaligen Diktator Mubarak gab es pro Jahr im Schnitt ein bis zwei Blasphemie-Prozesse. Diese Zahl sei unter der folgenden Herrschaft des Obersten Militärrates angestiegen. Mit der Machtübernahme der Muslimbrüder seien Blasphemie-Vorwürfe schließlich von einem Randphänomen zu einem Machtmittel geworden, so die IGFM.

IGFM plädiert für Abschaffung von Blasphemiegesetzen

„Der IGFM werden immer wieder Fälle von unrechtmäßigen Blasphemievorwürfen und folgenden Übergriffen gemeldet. Opfer sind besonders häufig Angehörige religiöser Minderheiten, insbesondere Christen“, so IGFM-Vorstandssprecher Martin Lessenthin. „Da in der Praxis nur eine einzige Religion gegen Blasphemie geschützt wird und vor allem, weil Blasphemiegesetze oft missbraucht werden, sollten sie ganz abgeschafft werden.“