Lobet Gott. Unseren Schöpfer zu loben macht froh und ist schön. Ja, ich weiß. Und ich weiß, daß unserem Gebetsleben ein ganz, ganz wichtiges Element fehlt, wenn wir nicht auch das Loben von Gott praktizieren. In der Tat denke ich, daß so manches Gebet nicht die spirituelle Kraft entwickelt, die es haben könnte und haben sollte, wenn das Element des Lobes fehlt. Und unsere so enorm wichtige persönliche Beziehung zu Gott leidet an Vollkommenheit, wenn wir das Loben nicht praktizieren.

Ok. Soweit die Theorie. Aber wie sieht das in der Praxis aus?

Hinweis von Gott

Lieber Gott, ich möchte dich loben. Wie soll ich das tun?
Schau in der Bibel nach.
Gute Idee.

Ich also meine Bibel aufgeschlagen… wo zeigte mein Finger hin? Psalm 149, Vers 3. Sie wissen, was das heißt. Sie wissen nicht, was das heißt, weil Sie sooo gut dann doch nicht die Bibel kennen? Ach so, ich dachte. Ok, also da steht: „Lobt seinen Namen beim Tanz“

Nach einem kürzeren Hin & Her mit Gott (Ich: Das meinst du nicht wirklich, oder? Du weißt doch, ich kann überhaupt nicht tanzen), war klar, daß Gott entschieden hatte. Mein Lob für ihn sollte sich im Tanz ausdrücken.

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„Lobt seinen Namen beim Tanz“

Leider waren schon alle Tanzkurse der örtlichen Tanzschulen am Laufen; nirgendwo noch ein Plätzchen frei, nirgendwo eine Partnerin, die noch auf einen Tanzpartner wartete.

Guck hier, sagte Gott.
Wo? Ich seh nix (und dabei versuchte ich so überzeugend wie möglich, zu negieren, daß mir das aktuelle Programmheft der Volkshochschule beim Aufräumen in die Hände gefallen war)
Jürgensen, bitte. Du willst mich für dumm verkaufen?
Na gut, ok, wenn du das willst, ergab ich mich Gottes Willen.

Deutsche Meisterin der Let-kiss Tanzformation-Meisterschaften in den Jahren 1965 und 1968

Frl. Susanne Gehrcken-Eckstein, die Leiterin des VHS Tanzkurses für Anfänger, war hoch erfreut, daß sich doch noch einer mit Interesse an ihrem angebotenen Grundkurs „Samba. Die Musik auf Füßen“ gemeldet hatte. Das blieb auch so. Es kam keiner mehr. Und so strahlte Frl. Susanne Gehrcken-Eckstein mit der Zusicherung: „Das ist gut, Herr Jürgensen, dann kann ich mich voll auf Sie konzentrieren. Sie werden Samba tanzen wie noch nie zuvor.“ Und damit hatte sie recht. Meine Beziehung zum Samba beschränkte sich darauf, daß ich gerade mal eben wußte, wie man Samppa schreibt…

Bouncen Sie, Herr Jürgensen! Bouncen Sie

Frl. Susanne Gehrcken-Eckstein hatte auch schon bessere Tage gesehen. An der Wand hinter ihrem Schreibtisch hingen zwei arg ausgeblichene Urkunden, die sie als Deutsche Meisterin der Let-kiss Tanzformation-Meisterschaften in den Jahren 1965 und 1968 auswies.

Nun zog sie mich über das Tanzparkett zum Klang brasilianischer Rhythmen… one-a-two, one-a-two, Herr Jürgensen, one-a-two.
Wenn ich mich gerade daran gewöhnt hatte, varierte sich der Grundrhythmus zu Slow-quick-quick, Slow-quick-quick oder auch unangesagt plötzlich zu Quick-quick-slow.

„Herr Jürgensen! Quick-quick-slow. Nicht Slow-quick-quick.“

Wie lange ist es noch bis zur Pause?

Nach der Pause, von der ich dachte, sie würde niemals kommen, informierte mich Frl. Susanne Gehrcken-Eckstein, daß wir, da wir nun keinen Quick in die Samba-Figur eintanzen, zum Bouncen kommen.

„Herr Jürgensen, schauen Sie nicht auf Ihre Füße. Lassen Sie Körper- und Fußrhythmus einfach fließen. Quick-quick-slow… fließen lassen. Und jetzt das Bouncen. Herr Jürgensen, Bouncen Sie!“

Nach einigen Stunden war ich nicht nur fix und fertig, sondern wußte auch, daß ein 2/4-Takt aus 3 Schritten besteht (falls man es schafft, sich dabei nicht selber auf den Füßen zu stehen).

„Und immer dran denken, Herr Jürgensen“, instruierte Frl. Susanne Gehrcken-Eckstein, „der erste Schritt hat nur 3/4 des Schlags, der zweite 1/4 dann aber wie der dritte Schritt einen ganzen Schlag.“

„Natürlich, Frl. Gehrcken-Eckstein, natürlich.“

Jetzt lösen wir den Slow auf, Herr Jürgensen! Auflösen!

Wir tanzten noch einige Figuren… Korrektur: Frl. Susanne Gehrcken-Eckstein zog mich über’s Parkett und tat so, als ob das alles irgendwie wie Tanzen aussehen würde. Dann zum Abschluß: „Jetzt variieren wir den Grundrhythmus, Herr Jürgensen! Wir lösen den Slow auf… jetzt! Slow-quick-quick-quick-quick-quick-quick, Slow-quick-quick-quick-quick-quick-quick.“

Das kann nicht dein Ernst sein, lieber Gott.
Was?
Du kannst nicht allen Ernstes von mir wollen, daß ich dich mit Tanzen lobe. Ich doch nicht“ Und ich schüttete noch ein wenig mehr Salz in mein wohltuend linderndes Fußbad.
Ne, natürlich nicht. Ich hab dich nicht als Tänzer gemacht.
Wie bitte? Wozu denn all das „Lobt seinen Namen beim Tanz“.
Wollte dich da mal rumstolpern sehen. War ja auch total lustig. Du hast wieder was gelernt und Susanne wäre traurig gewesen, wenn sich keiner zu ihrem Kurs gemeldet hätte.

Slow-quick-quick, Slow-quick-quick durch die Ewigkeit?

Nachtrag: Frl. Susanne Gehrcken-Eckstein und ich fanden beim Abschlußgespräch heraus, daß auch sie an Jesus als ihren Retter glaubt.
Wenig nachvollziehbar für mich allerdings ihre Begeisterung:
„Prima, Herr Jürgensen, im Himmel haben wir dann alle Zeit der Ewigkeit, damit ich Ihnen das Samba-Tanzen richtig beibringe.“

Vater! Hilf mir.
Keine Sorge. Ich buch‘ dich auf eine ebenso lange wie interessant aufregende Planeten-Kennenlern-Sightseeing-Tour in den letzten Ecken des Universums. Da biste weit weg von allem Samba-Getanze.
Und Frl. Susanne Gehrcken-Eckstein?
Oh, die wird sich riesig über Ewald Jogo Capoeira freuen. Wanne-Eickels bester Samba-Tänzer. Die zwei werden wie auf Wolken ihre Ewigkeit genießen.
Du bist perfekt. Hast wieder mal alles bestens für alle gemacht.
Hast du von mir was anderes erwartet?
Nein, natürlich nicht. Ich vergess‘ das nur manchmal.