(Open Doors) – Ein Jahr nach der Verwüstung der christlichen Joseph-Kolonie im pakistanischen Lahore wurde der Christ Sawan Masih wegen Beleidigung des Propheten Mohammed am 27. März zum Tode verurteilt. Masih hatte im März 2013 mit einem muslimischen Freund gesprochen, woraufhin mehr als 3.000 wütende Muslime in Masihs Wohnort Joseph Colony christliche Häuser, Geschäfte und Kirchen plünderten und anzündeten.

Hunderte Familien wurden daraufhin obdachlos. Richter Chaudhry Ghulam Murtaza verurteilte ihn zum Tode und zu einer Geldstrafe von 200.000 Rupien (fast 1.500 Euro). Am selben Tag veröffentlichten die Vereinigten Staaten einen Bericht, der Pakistan an der ersten Stelle der Länder aufführt, die Menschen aufgrund von Blasphemie verhaften. Darin wird Blasphemie definiert als „Akt der Beleidigung Gottes oder des Zeigens von Verachtung oder fehlender Ehrerbietung gegen ihn“.

Christenverfolgung. Gesetz wird oft missbraucht

Das Gesetz sei sehr missbrauchsanfällig, da es kaum Angaben zur Art und Weise des Verfahrens im Falle eines Prozesses gebe, heißt es im Bericht des US-Ausschusses für Internationale Religionsfreiheit. „Oft dienen bloße Behauptungen als Brandbeschleuniger in explosiven Situationen, was Gewalt zur Folge hat. Das untergräbt die Stabilität Pakistans und stärkt Extremisten. Trotz des grassierenden Missbrauchs des Gesetzes und des Fehlens verfahrenstechnischer Sicherheitsmaßnahmen hat Pakistans Federal Sharia Court kürzlich entschieden, dass bei einer Verurteilung wegen Blasphemie in jedem Fall die Todesstrafe zu verhängen ist“, so der Bericht. Bis heute wurde von Seiten der pakistanischen Regierung kein Todesurteil aufgrund von Blasphemie vollstreckt. Masihs Anwalt, Naeem Shakir, wird beim High Court in Lahore Berufung gegen das Todesurteil einlegen: Dem Schuldspruch fehle die Grundlage der Gerechtigkeit besonders deswegen, weil der Staat diejenigen nicht strafrechtlich verfolgt habe, denen die Zerstörung der Joseph Colony zur Last gelegt wird. Dabei handelt es sich um mehr als 1.000 Angeklagte.

Pakistan. Willkürliche Verhaftung und Verurteilung eines einzelnen

Shakir sagt: „Die wegen Terrorismus, Gewalt und Blasphemie Angeklagten sind auf Kaution freigelassen, aber Masih hat man trotz des Fehlens belastbarer Beweise schuldig gesprochen und zum Tod verurteilt.“ Ein wesentlicher Teil der Aussage muslimischer Zeugen und des Klageführers war, dass Masih zu seinem muslimischen Freund gesagt habe: „Mein Jesus ist echt. Er ist Allahs Sohn (Allah verhüte es). Er wird wiederkehren, während dein Prophet falsch ist. Mein Jesus ist wahr und wird Rettung geben.“

Mob überfiel Christen

Die Joseph-Kolonie wird seit 40 Jahren von Christen bewohnt, die sich nach der Vertreibung aus einem anderen Ort hier niederließen. Das Land hat ihnen nie gehört, da sie zumeist arm sind und in Anbetracht ihres Status als Minderheit und Christen nur Jobs für Hilfsarbeiten finden können. Am Morgen des Angriffs auf die Joseph-Kolonie hatten gewerkschaftlich organisierte muslimische Gruppen aus den Fabriken in der Nähe für die Verhaftung Masihs gestreikt. Die Polizei sicherte den Christen zu, man werde einen Angriff verhindern, wenn Masih auf die Wache gebracht werde, was auch geschah. Doch am folgenden Tag attackierte ein Mob die Kolonie und brachten hunderte von Christen dazu, aus ihren Häusern zu fliehen. Angeführt wurde der Mob Zeugenaussagen zufolge von den Politikern Malik Riaz, Asad Ashraf, Ghazali Butt und Saleem Mughal von der Pakistan Muslim League-Nawaz, die in der Region einmal Regierungspartei war und nach dem Sieg bei den Wahlen 2013 in Pakistan nun die größte politische Kraft ist. Obwohl die Anführer bekannt sind, wurde keiner von ihnen festgenommen.

Christenverfolgung: Asia Bibi seit mehr als fünf Jahren in Haft

Bereits seit fünf Jahren ist die Christin Asia Bibi, die zum Tode verurteilt wurde, in Pakistan in Haft. Sie hofft auf ihren Berufungsprozess, der bereits mehrere Male verschoben wurde. Ihre Familie musste mittlerweile ins Ausland flüchten.